Im Schnitt verbraucht jede Darmstädterin und jeder Darmstädter 34 Coffee-to-go-Einwegbecher pro Jahr. Jährlich werden somit in Darmstadt mehr als 5 Millionen Becher entsorgt. Daran wollten Studentinnen der Hochschule Darmstadt (h_da) etwas ändern und präsentierten Oberbürgermeister Jochen Partsch 2016 in der Ringvorlesung der „Initiative: Nachhaltige Entwicklung“ (i:ne) ihre Vision einer Mehrwegbecher-Lösung für Darmstadt. Hieraus entwickelte sich ein Kooperationsprojekt von h_da und Stadt Darmstadt, an dem neben dem städtischen Umweltamt unter anderem die HEAG, der EAD, „e-hoch-3“ sowie das Studierendenwerk beteiligt sind. Den Prototypen des Mehrwegbechers stellten die Partner im November 2018 in den Räumen des Fachbereichs Gestaltung auf der Mathildenhöhe vor. Dabei wurde zugleich das dazugehörige Pfandsystem skizziert.
Das Darmstädter Mehrwegsystem soll einerseits unter ökologischen Gesichtspunkten überzeugen, über das Design des Bechers aber auch Genuss und Emotion ansprechen. Mit Blick auf die Ökologie sind mindestens 20 Prozent weniger Einwegbecher in Darmstadt das gesteckte Ziel. Das entspräche über 1.000.000 Becher beziehungsweise zwölf Tonnen weniger Müll pro Jahr. Somit würde der Mehrwegbecher zu Abfallvermeidung und Ressourcenschonung beitragen.
Gute Ökobilanz durch den „Darmstädter Weg“
„Oftmals werden Einwegplastikverpackungen oder -becher achtlos entsorgt und können schlimmstenfalls als Mikroplastik in die Umwelt, Nahrungskreisläufe oder Weltmeere gelangen. Mit dem ‚Darmstädter Weg‘ des Mehrwegbecher-Systems wird also nicht nur Ressourcenschonung und Abfallvermeidung betrieben, sondern auch Umwelt- und Naturschutz umgesetzt“, erläutert die Darmstädter Umweltdezernentin Barbara Akdeniz. Wichtig für die ökologische Bilanz des Bechers ist neben optimalen Herstellungs- und Spülprozessen aber auch die Zahl der Umläufe. Diese Faktoren will die h_da im Rahmen einer Begleitforschung künftig fortlaufend überwachen und so das System kontinuierlich verbessern – auf Basis einer ökobilanziellen Bewertung durch das Beratungsunternehmen „e-hoch-3“.
Das Erscheinungsbild des Mehrwegbechers ist elegant und wertig. Der Becher ist mit fünf sanften, senkrechten Lamellen versehen, die Assoziationen zum Darmstädter Hochzeitsturm wecken. Entwickelt wurde der Becher von h_da-Industriedesignern um Professor Tom Philipps im Institut für Innovation und Design (IFID). Ausgangspunkt war ein Design-Thinking-Workshop Anfang 2018 im Kontext des Exzellenz-Vorhabens „Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung“ (s:ne) an der h_da. Der Becher besteht zunächst aus dem Material Polypropylen, das sich als ökologisch vorteilhaft erwiesen hat. Eine Version aus Keramik soll folgen.
Pilotpartner sind schon im Boot
„Die Besonderheit am Darmstädter Mehrwegbecher ist, dass auch der Deckel mit zum Mehrwegsystem gehört und nicht wie meist üblich ein Einweg-Produkt ist“, betont Tom Philipps. „Dies wirkt sich besonders positiv auf die ökologische Bilanz aus. Da der Deckel wiederverwertbar ist, haben wir ihn zudem auch gestalterisch von Beginn an integral mitgedacht, auch dies ist eine Besonderheit unseres Darmstädter Weges."
Gemeinsam mit der HEAG entwickelt das IFID den Darmstädter Mehrwegbecher aktuell zur Marktreife und erarbeitet hierfür ein Vertriebskonzept. Das Darmstädter Studierendenwerk, die Bäckerei Bormuth und lokale Cafés wie das Vinocentral wurden bereits als Pilotpartner gewonnen. „Der Bedarf für ein Mehrwegsystem in Darmstadt ist absolut vorhanden, denn in kurzer Zeit konnten wir viele Partner für unser Projekt gewinnen“, erläutert Daniel Pfeffer, Projektleiter Unternehmensentwicklung bei der HEAG. Er ist Ansprechperson für Gastronomen oder auch Investoren, denn bis zur Markteinführung im Frühjahr 2019 sollen noch weitere Projektpartner gefunden werden.
Frisch gespülter Becher gegen Pfandmarke
Bei diesen Partnern kaufen die Verbraucherinnen und Verbraucher zum gewohnten Heißgetränk im Mehrwegbecher künftig einmalig eine Pfandmarke. Während sie den benutzten Becher im Geschäft abgeben und dieser für eine erneute Nutzung gespült wird, erhalten sie gegen die Pfandmarke in allen weiteren Partnergeschäften frisch gespülte Becher. Der Becher kann aber auch wiederbefüllt werden. Um sowohl den Spülvorgang wie auch das Bechermaterial kontinuierlich zu prüfen und zu optimieren, plant die h_da ein sogenanntes Reallabor, das die dazu notwendigen Daten erhebt. Daran sind auch das Darmstädter Umweltamt und der EAD beteiligt.
Im Anschluss an die Präsentation des Mehrwegbechers waren die Prototypen im Rahmen der Europäischen Woche der Abfallvermeidung (17. bis 25. November 2018) öffentlich in Darmstadt ausgestellt – unter anderem in den Darmstädter Mensen des Studierendenwerks.
Autor
Simon Colin
November 2018
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