Prof. Dr. Christoph Busch leitet die Forschungsgruppe „Biometrie und Internetsicherheit“ an der Hochschule Darmstadt. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der TU Darmstadt und der beiden Fraunhofer-Institute SIT und IGD bildet die h_da-Gruppe das Nationale Forschungszentrum für Angewandte Cybersicherheit ATHENE. Im Interview erläutert der Informatiker, welche Rolle ethische Fragen in seiner Forschung spielen und warum der Austausch mit Behörden und Anwendern wichtig ist.
Ein Interview von Christina Janssen, 17.02.2021
impact: Sie sind ein ausgewiesener Experte im Bereich Biometrie und Cyber Security. Woran genau arbeiten Sie derzeit?
Busch: Unsere Forschungsgruppe arbeitet daran, die biometrische Erkennungsleistung von Gesichts- und Fingerbilderkennung und anderen Modalitäten zu verbessern. Ein weiteres Arbeitsziel ist der Schutz der Referenzdaten und die Überwindungssicherheit von biometrischen Sensoren.
impact: Wie ambivalent ist Ihr Forschungsgebiet – was ist der größte Nutzen, wo sehen Sie die größten Risiken?
Busch: Der große Vorteil der Biometrie ist, dass wir diesen Authentisierungsfaktor weder vergessen noch verlieren können. Und eine biometrische Verifikation kann zudem eine feste Verbindung mit einem Personaldokument (Pass, Personalausweis, Führerschein) sicherstellen. Ein Risiko ergibt sich aus der zentralen Speicherung der Daten von Bürgerinnen und Bürgern in Verbindung mit Video-Überwachung, wie es beispielsweise in China praktiziert wird.
impact: Mit welchen Sicherheitsbehörden kooperieren Sie?
Busch: Mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, mit dem Bundeskriminalamt, mit dem U.S. National Institute of Standards and Technology (NIST), mit der Norwegischen Polizei (Politiet) und mit der „Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht“, kurz eu-LISA, gibt es direkte Kooperationen. Mit einigen weiteren Behörden gibt es über Konsortialprojekte, die Standardisierungsarbeit oder die Mitwirkung in Fachgremien indirekte Kooperation.
impact: Haben Sie im Auftrag der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache geforscht und Drittmittel erhalten?
Busch: Nein. Diese Behauptung ist nicht richtig.
impact: Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, mit wem Sie zusammenarbeiten?
Busch: Als anwendungsorientierter Forscher höre ich zu, wenn Betreiber von biometrischen Systemen auf Konferenzen oder in Fachgremien von technischen Problemen berichten und leite daraus meine Forschungsfragen ab, an denen ich arbeite. Ein Austausch mit Anwendern bzw. Betreibern ist wichtig, um die Praxistauglichkeit und Praxisrelevanz von Forschung sicherzustellen. Das wesentliche Kriterium ist für mich, ob ein Thema interessant ist und die Forschenden in unserer Gruppe begeistern kann. Es gibt auch Themen, die mir vorgeschlagen wurden, die ich abgelehnt habe.
impact: Wie intensiv diskutieren Sie das Thema Technikfolgenabschätzung im Kreis Ihrer Kolleginnen und Kollegen?
Busch: Technikfolgenabschätzung ist ein Konzept, das schon sehr früh in der Vorbereitung der General Data Protection Regulation (GDPR) diskutiert wurde und uns seither begleitet. Auf meiner Website finden sich 43 Publikationen, die sich mit dem Schutz von biometrischen Referenzdaten also „Template Protection“ und „Privacy Protection“ beschäftigen und diese Diskussion dokumentieren. Ich empfinde das als eine interessante und sehr intensive Diskussion.
impact: Gibt es für Ihren Bereich Gremien – vergleichbar etwa mit den Ethikkommissionen in der klinischen Forschung –, die bei der Planung von Forschungsvorhaben einbezogen werden?
Busch: Viele Konzepte und Forschungsvorhaben, die sich mit der Erfassung und Verarbeitung von biometrischen Daten beschäftigen, werden mit Datenschutzbeauftragten besprochen, bevor sie umgesetzt werden.
impact: Welche Rolle spielen ethische Aspekte bei der Ausbildung Ihrer Studierenden?
Busch: In meiner Vorlesung „Biometrics Systems“ ist schon seit mehr als zehn Jahren die Einheit zu ethischen Aspekten und Datenschutzfragen ein wichtiges Element, das ich gerne mit den Studierenden diskutiere.
Weiterführende Links:
Ethische und Datenschutzfragen in der Lehre: https://christoph-busch.de/teaching-biometrie.html
Forschungsprojekte von Prof. Dr. Christoph Busch: https://christoph-busch.de/projects.html
Übersicht zur Standardisierungsarbeit von Prof. Dr. Christoph Busch: https://christoph-busch.de/standards-sc37wg3.html
Übersicht die Mitwirkung in Gremien: https://christoph-busch.de/about-services.html
Kontakt
Christina Janssen
Wissenschaftsredakteurin
Hochschulkommunikation
Tel.: +49.6151.16-30112
E-Mail: christina.janssen@h-da.de